Poesie - Lyrik - starke Worte ...
"Am 8. Juli letzten Jahres erlitt Mr. Biagini, ein ehemaliger Bauarbeiter von siebzig Jahren, einen Herzinfarkt mit Todesfolge, als er seinen geliebten Schnauzer Teddy vor dem Angriff eines nicht angeleinten Pitbulls namens Chene in Queens (New York) rettete ... Ich fragte diesen heldischen Tierfreund, was das für ein Gefühl sei, für einen Schnauzer namens Teddy gestorben zu sein. Salvatore Biagini sah es philosophisch. Er sagte, verglichen damit, für absolut nichts im Vietnamkrieg gestorben zu sein, sei es absolut spitzenmäßig."

Kurt Vonnegut
Omma

Gez mussich wieder
öfta dran denken
wiesse früher mitten Oppa
in unsern Gaaten
Tretrolla gefahren biss -
mit achtunsechzich,
nee – wat hamma gelacht!

Die Kittelschürze
mittat komische Punktmusta
saass auf dein Körpa
wiene zweite Haut.
Und jedes Jahr Weihnachten
gabet ne neue.
Nee – wat hasse dich imma gefreut!

Imma wieder
hasse uns erzählt,
wiesse früher
die roten Fennige
hinter de Kaffeetassen
gesucht hass,
um wat zu Essen zu kaufen!
Zwei Kriege,
eima ausgebombt
und vaschütt.
Nachen Kriech bei de Bauern
Kappes klaun.
Als der Oppa
den Schlachanfall hatte
un dann gestorben is,
hattat n Knax
gegeben.
Untu hass angefangen
inne Vagangenheit
zu leben.

Ne Omma,
glaupse
wie gern
würtich nochma
mittich Walzer tanzen
wie damals
Silvester!
Mit auf den Weg

Wir haben viel gelacht
und haben viel gedacht
das war im Grunde gut
und gab uns neuen Mut

Was danach jetzt passiert
wird nicht antizipiert
mag sein, man zieht zurück
und wünscht sich noch viel Glück
Mag sein, man trifft sich bald
in anderer Gestalt
und man erinnert sich:
mein Gott, Dich kenne ich!

Doch sei es wie es sei
der Mai macht alles neu
Du bleibst ein Stück von mir
ich danke Dir dafür.

Montag

Wecker rasselt Traum vermasselt,
Wasser prasselt, Schock lass nach!
Hemd beschissen,
Strumpf zerrissen, Knopf - vergiss' n!
Mensch werd´ wach!
Kopf belämmert, Musik hämmert.
Därnm' rung dämmert. Blutdruck steigt.
Kaffee trinken. Brot mit Schinken.
Nochmal winken - Auto streikt.


Anatomie des Rauchens


morgens:  "..nie mehr!"
dann:   ". . K-a-f-f-e-e. .!"
schließlich: "  ..eine! "
dann:   "..egal!"
mittags:    "..zum Essen.."
abends:  "...wegen der Gemütlichkeit!"
nachts: Husten.

Körper

Körper sind wie Welten
die Geschichte erzählen
ohne Archäologie
oder Geschichtsbuch



Frauen von hinten

Ein Vorhang von Haaren
der pendelt im Rhythmus
der Hüften erlaubt dir
mitunter den Blick auf
das Glitzern von Ketten
und Wimpern die scheinen
als schauten sie rückwärts
und fragten dich eitel -
wie sie dir gefallen.

Strassencafe

Die Frühlingssonne
taucht den Platz
in helles Licht
und brennt schon im Gesicht.

Die Kinder
rennen kreischend
um den Brunnen
zehn- und zwanzigmal - egal.

Die Mütter
schieben Kinderwagen
man trägt bunt
das erste Eis tropft klebrig auf die Haut.

Du schlürfst
versonnen Deinen Cappuccino,
träumst von was weiss ich,
und ich schau diesen dunkelhaarigen Frauen nach.

Da fühl ich
Deine Hand auf meinem Knie,
mit sanftem Druck und rufe:
Bitte zahlen! Lass uns gehn.
Schatzsuche

Gar  viele gibt's, die suchen einen Schatz
und  glauben schon, sie haben ihn gefunden.
Auf  einmal aber macht der Schatz 'nen Satz
und  ist auf nimmer Wiederseh'n verschwunden.

Das  machst Du einmal, zweimal, dreimal mit
und  denkst - ach, was! Für den gibts einen neuen!
Dann kommst Du so allmählich aus dem Tritt
und  lernst, Dich nicht mehr allzu früh zu freuen.

So geht die Suche ein um's and're Jahr-.
Der Zeitaufwand erscheint Dir ungeheuer.
Verbittert fragst Du, ob das alles war.
Und stürzt Dich in ein neues Abenteuer.

Ach Mensch, Du bist ein ruheloser Geist,
weißt Du denn nicht, daß uns die Schätze finden?
Und dieses Phänomen passiert zumeist,
wenn wir uns gerade außer Dienst befinden.
Abendgebet

Die Vögel sind still in den Bäumen,
die Sonne will untergehn.
Die Kinder beginnen zu träumen,
der Mond ist am Himmel zu sehn.
Die lärmende Straße wird leise,
das Licht in den Häusern geht an.
Der Nachtzug beginnt seine Reise,
die Arbeit ist wieder getan.

Du hast unser Tuen geleitet,
Du hast unser Leben beschützt.
Du hast unser Essen bereitet,
Du hast unser Denken gestützt.
Du hast uns die Dummheit verziehen,
Du hast uns von Leiden verschont.
Du hast uns die Stärke verliehen,
Du hast uns mit Freude belohnt.

Wir danken Dir, Gott, für die Arbeit,
wir danken Dir, Gott, für den Baum.
Wir danken Dir, Gott, für die Klarheit,
wir danken Dir, Gott, für den Traum.
Wir danken Dir, Gott, für die Ruhe,
wir danken Dir, Gott, für das Haus.
Wir danken Dir, Gott, für die Kinder,
und jetzt geht das Licht bei uns aus.

  ©2012 Günter Trampenau --- gtramp@boytramp.de